"Nachhaltigkeit ja - nachhaltige Entwicklung nein", so lautet die Kritik an der mittlerweile allgegenwärtigen Kombination der beiden Konzepte Nachhaltigkeit und Entwicklung. Grund für die Ablehnung der Kombination sind Vorbehalte gegenüber dem Konzept "Entwicklung". Es mit Nachhaltigkeit kombinieren zu wollen, bedeute einen Widerspruch in sich. Während Nachhaltigkeit zur neuen ökologischen Weltsicht gehöre, entstamme der Entwicklungsbegriff der überholten mechanistischen Weltsicht (eine Gegenüberstellung der beiden Weltsichten findet sich hier).
"Darüber hinaus", so Wolfgang Sachs, Wissenschaftler am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie (www.wupperinst.org), "wurde mit der Verknüpfung von 'nachhaltig' und 'Entwicklung' ein Terrain sprachlicher Ambivalenz geschaffen. Das neue Konzept verschob auf subtile Weise den geometrischen Ort der Nachhaltigkeit von der Natur auf Entwicklung; während sich zuvor 'nachhaltig' auf erneuerbare Ressourcen bezogen hatte, bezieht es sich jetzt auf Entwicklung. Mit dieser Verschiebung änderte sich die Wahrnehmung; die Bedeutung von Nachhaltigkeit verlagerte sich von Naturschutz auf Entwicklungsschutz.Will man trotz dieser Kritik auf die etablierte Kombination "nachhaltige Entwicklung" nicht verzichten, kann man nicht umhin, den Entwicklungsbegriff näher zu bestimmen und vom überholten Entwicklungsbegriff der Modernisierungstheorie abzugrenzen. Anregungen hierzu gibt das folgende Schaubild:
Angesichts der Tatsache, dass Entwicklung konzeptionell zu einer leeren Hülse geworden war, war das, was nachhaltig bleiben sollte, unklar und strittig. Daher sind in den folgenden Jahren alle Arten von politischen Akteuren, selbst glühende Verfechter des Wirtschaftswachstums in der Lage gewesen, ihre Absichten in den Begriff 'nachhaltige Entwicklung' zu kleiden. Der Begriff wurde somit bald selbst-referentiell, wie eine von der Weltbank angebotene Definition treffend bestätigt: 'Was ist nachhaltig? Nachhaltige Entwicklung ist Entwicklung, die anhält.'"
[aus: Wolfgang Sachs, Nach uns die Zukunft. Der globale Konflikt um Gerechtigkeit und Ökologie, Frankfurt/Main 2002, S. 65]