30. Juni 2012

Klimawandel verständlich erklärt

In einem früheren Posting haben wir auf den Animationsclip zur Erklärung der Energiewende von e-politik hingewiesen. Offensichtlich finden nicht nur wir dieses Video sehr gelungen. Deshalb wollten wir nicht versäumen, darauf hinzuweisen, dass es viele weitere ähnliche Erklärungsclips der Reihe WissensWerte gibt, u.a. einen Film zum Klimawandel:



28. Juni 2012

Energiewende verständlich erklärt

Zu den Herkulesaufgaben auf dem Weg in Richtung nachhaltiger (Welt-)Gesellschaft zählt die Energiewende. Was es mit diesem komplexen Unterfangen auf sich hat, erklärt der Animationsclip aus der (durchweg hervorragenden) Reihe WissensWerte von e-politik auf eingängige Weise:


26. Juni 2012

Inclusive Wealth Index (IWI) als Alternative zum BIP

Geht es um wirtschaftliche Kennzahlen, dominiert nach wie vor das Bruttoinlandsprodukt (BIP) und damit die Betonung des Wachstums, unabhängig davon, wie dieses Wachstum zustandekommt. Auch die Ausbeutung von Ressourcen (Wald, Öl etc.) oder die Aufbauarbeiten nach (Umwelt-)Katastrophen wirken sich positiv auf das BIP aus. Orientiert man sich am Leitbild der nachhaltigen Entwicklung, lässt sich mit einer solchen Messgröße wenig anfangen, weswegen das BIP schon immer Zielscheibe von Kritik war.

Seit gut 20 Jahren steht mit dem Human Development Index eine weitere Messgröße zur Verfügung, die versucht, den Lebensstandard zu vergleichen:
The Human Development Index (HDI) is a composite statistic used to rank countries by level of "human development", taken as a synonym of the older terms (the standard of living and/or quality of life), and distinguishing "very high human development", "high human development", "medium human development", and "low human development" countries. HDI was devised and launched by Pakistani economist Mahbub ul Haq, followed by Indian economist Amartya Sen in 1990. The HDI is a comparative measure of life expectancy, literacy, education, and standards of living of a country [Wikipedia: Human Development Index].
Jährlich werden Human Development Reports erstellt, die zusammen mit anderen Statistiken auf einer speziellen UNDP-Website zur Verfügung stehen und sich zu einem Referenzdokument der internationalen Debatte entwickelt haben.

Auf der Rio+20-Konferenz wurde nun mit dem Inclusive Wealth Index (IWI) eine neue Messgröße und ein erster Jahresbericht vorgestellt, der Inclusive Wealth Report (IWR) 2012. Auf der Website des International Human Dimensions Programme on Global Environmental Change (IHDP), auf der man den Bericht herunterladen kann, heißt es:
"The IWR 2012 was developed on the notion that current economic production indicators such as gross domestic product (GDP) and the Human Development Index (HDI) are insufficient, as they fail to reflect the state of natural resources or ecological conditions, and focus exclusively on the short term, without indicating whether national policies are sustainable."
In einer Pressemitteilung des UNEP (= United Nations Environment Programme) wird schlaglichtartig folgender Vergleich angeführt, der die Stoßrichtung des neuen Index verdeutlicht:
"If measured by GDP, the most common indicator for economic production, the economies in China, the United States, Brazil and South Africa grew by 422 per cent, 37 per cent, 31 per cent and 24 per cent respectively between 1990 and 2008.However, when their performance is assessed by the IWI the Chinese and Brazilian economies only increased by 45 per cent and 18 per cent. The United States' grew by just 13 per cent, while South Africa's actually decreased by 1 per cent" (Pressemitteilung des UNEP).
Ob es dem IWI gelingt, Nachhaltigkeit messbar zu machen und - was wichtiger ist - Entscheidungsprozesse zu beeinflussen, bleibt abzuwarten.

24. Juni 2012

Rio+20 - erste Bewertungen

Die Aufbruchstimmung, die den "Erdgipfel" in Rio de Janeiro vor 20 Jahren gekennzeichnet hatte, ist in der internationalen Umweltpolitik schon lange verflogen. Auch die Konferenz "Rio+20" (20.-22. Juni 2012) war nicht dazu angetan, daran etwas zu ändern.

Nüchterne Einschätzungen der Ergebnisse des Gipfels bieten eine Pressemitteilung des Rats für Nachhaltige Entwicklung („Der Zustand der Welt erfordert mehr Ehrgeiz, mehr Kraft und mehr Engagement zur nachhaltigen Entwicklung. Ein deutlicheres Ergebnis wäre daher wünschenswert gewesen. Aber es gibt auch so klare Handlungsaufträge“) sowie mehrere Artikel in der ZEIT (z.B. "Europa könnte Vorbild sein - In Rio wurde zu wenig erreicht; dabei drängt die Zeit. Wenn wir es ernst meinen mit der Nachhaltigkeit, sollten Deutschland und Europa vorangehen").

Interessant ist die Entwicklung der Terminologie: Ging es zunächst um Umweltschutz (bzw. um die "Bewahrung der Schöpfung"), sprach man in der Folge des Brundtland-Berichts (1987) von Nachhaltigkeit ("den Bedürfnissen der heutigen Generation entsprechen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen."). Daraus wurde die "nachhaltige Entwicklung", die das umstrittene Konzept der (wirtschaftlichen) "Entwicklung" aufgreift. Mit "Rio+20" kommt nun die "green economy" hinzu, womit die Reformulierung hin zur ökonomischen Sphäre abgeschlossen ist.

22. Juni 2012

"Zukunftsprojekt Erde" auf der MS Wissenschaft

Nachhaltigkeit ist das zentrale Thema der Ausstellung "Zukunftsprojekt Erde" an Bord der MS Wissenschaft. Im Auftrag der Bundesregierung fährt das Schiff durch Deutschland mit dem Ziel, möglichst viele BürgerInnen zum Nachdenken darüber anzuregen, was Nachhaltigkeit im Alltagsleben bedeutet. Das folgende Video der Deutschen Welle vermittelt einen guten Eindruck von der interaktiven Ausstellung:


Das Schiff ist seit Ende Mai unterwegs. Informationen zur MS Wissenschaft und der Ausstellung (geeignet ab 10 Jahren) finden Sie hier. Die nächsten Stationen sind:

Bremen 23.07. - 25.07.2012 Liegestelle "Tiefer"
Bremerhaven 26.07. - 29.07.2012 Neuer Hafen, Ostseite
Lingen 31.07. - 02.08.2012 Alter Hafen/Lindenstraße
Hamm 04.08. - 05.08.2012 Hafenstraße, Höhe "Aktivita"
Dortmund 06.08. - 08.08.2012 Anleger "Santa Monika" am Südufer des Stadthafens
Düsseldorf 10.08. - 12.08.2012 Tonhallenufer, Viking River Cruises Anleger 2, Rheinterrassen
Wesseling 13.08. - 15.08.2012 Uferstraße, KD-Anleger
Bonn 16.08. - 19.08.2012 Brassertufer, Höhe Oper, Kennedybrücke, KD-Anleger 2
Wiesbaden 21.08. - 23.08.2012 Wiesbaden-Biebrich, Rheingaustraße, KD-Anleger
Frankfurt 24.08. - 26.08.2012 Untermainkai, Nizza-Werft, Höhe Jüdisches Museum, Liegestelle 5
Mainz 27.08. - 30.08.2012 Adenauerufer, KD-Anleger
Aschaffenburg 01.09. - 03.09.2012 Floßhafen

20. Juni 2012

Klimaretter.info für Grimme Online Award nominiert

Aus rund 1900 Vorschlägen hat das Grimme Institut 26 Websites für den Grimme Online Award 2012 nominiert. Zu den nominierten Angeboten im Bereich "Information" zählt "Das Magazin zur Klima- und Energiewende" Klimaretter.info, das auf der Website des Awards folgendermaßen beschrieben wird:
"Ob Biogas, Windkraft oder Atomausstieg, das Online-Magazin Klimaretter berichtet tagesaktuell über Themen rund um Klimawende und Energiepolitik. Neben Nachrichten und Hintergrundanalysen bietet die Website auch Tipps, um das tägliche Leben umweltfreundlicher zu gestalten und einen 'Klima-Lügendetektor', der Greenwash-Strategien von Politik und Wirtschaft aufdeckt. 2007 ins Leben gerufen, hat sich 'Klimaretter' zu einem bedeutenden deutschsprachigen Online-Magazin entwickelt, das sich mit dem Thema kompetent auseinandersetzt und dabei die Möglichkeiten und Probleme des Klimawandels und der Energiewende aufzeigt und die Leser zum Handeln auffordert."
Der (regelmäßige) Besuch des Online-Magazins lohnt sich, auch wenn es zum Gewinn des Preises nicht ganz gereicht hat...

17. Juni 2012

Bücher und Online-Dossiers zu Themen rund um Nachhaltigkeit

Seit vielen Jahren umfasst das Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung (www.bpb.de) auch Bücher, Materialien und Dossiers zu den Themen Umwelt(politik) bzw. Nachhaltigkeit, die sich zu einer hervorragenden Informationsquelle summieren. Die Nutzung der Online-Angebote ist kostenlos, die Bücher können gegen eine (moderate) Bereitstellungspauschale bestellt werden.

Kostenloses Online-Dossier Umwelt:
Themen u.a.: Geschichte der deutschen Umweltpolitik, Bildergalerie zu bedrohten Tierarten, Umwelt und Verbraucher, Regenwald, ökologische Landwirtschaft, Artenvielfalt, Umweltorganisationen

Kostenloses Online-Dossier Klimawandel:
Themen u.a.: Wetter - Klima - Klimawandel, Betroffene des Klimawandels, Klimaszenarien, Mensch & Wetter, Bioenergie

Kostenloses Heft "Umweltpolitik" (aus der Reihe "Informationen zur politischen Bildung):
Themen u.a.: Umweltbewusstsein und Umweltverhalten, Leitbild der Nachhaltigen Entwicklung, Klimawandel und Klimaschutz, Industrie im Spannungsfeld von Ökonomie und Ökologie, Balanceakt zwischen Ernährung und Naturschutz - die Landwirtschaft

Auch die wöchentlich erscheinende Zeitschrift "Aus Politik und Zeitgeschichte" widmet sich regelmäßig Umweltthemen. Diese Zeitschrift kann kostenlos bestellt werden, steht aber auch online zur Verfügung. Einschlägige Titel der letzten Jahre waren u.a.:
APuZ 46-47/2011: Ende des Atomzeitalters?
APuZ 28-30/2011: Gemeingüter
APuZ 32-33/2010: Klimawandel
APuZ 32-33/2009: Konsumkultur
APuZ 3/2008: Biodiversität

Eine Liste mit den bestellbaren Büchern aus der bpb-Schriftenreihe zum Thema finden Sie hier. Besonders hervorzuheben sind die folgenden drei Veröffentlichungen:

Dietrich Jörn Weder (2012), Umwelt: Bedrohung und Bewahrung, bpb Zeitbilder, Bonn.
Klappentext: "Das Thema Umwelt wird das 21. Jahrhundert womöglich so prägen, wie kaum ein anderes. Denn Umwelt steht für die Umgebung des Menschen, die auf ihn einwirkt und die er durch sein Handeln beeinflusst. Doch wie ist es um sie bestellt? Dietrich Jörn Weder nimmt den Leser mit auf eine erkenntnisreiche, aufwühlende und teils erschreckende Reise um den Erdball. Er zeigt, dass die Bedrohung der Umwelt und damit der menschlichen Lebensgrundlagen vor Ländergrenzen nicht haltmacht. Aber noch besteht Grund zur Hoffnung: Eine Umkehr ist möglich, und sie stellt eine globale Herausforderung dar, der sich die gesamte Menschheit stellen muss. Der Autor zeigt Perspektiven auf, wie dies gelingen kann."
Joachim Radkau (2011), Die Ära der Ökologie. Eine Weltgeschichte, Lizenzausgabe für die bpb, Schriftenreihe Band 1090, Bonn.
Klappentext: "Ökologie beschreibt das Verhältnis des Menschen zu seiner Umwelt. Der Bielefelder Umwelthistoriker Joachim Radkau unternimmt in diesem Buch den ambitionierten Versuch, der Entwicklung der Ökologie in ihrer Vielgestaltigkeit nachzuspüren. Sie ist nicht nur eine Chimäre zwischen Wissenschaft und Bewegung, mit immer wieder wechselnden Zielen, Problemen und Begrifflichkeiten: Ökologie unterliegt auch in hohem Maß dem Machtanspruch der Politik, der Einflussnahme der Wirtschaft und höchst unterschiedlichen ethischen oder moralischen Ansprüchen. Radkaus Darstellung ist historisch begründet und orientiert sich zugleich an den Problemen der Ökologie. Indem er Akteure, Themen und Ziele in Zusammenhänge einordnet, erschließt er hinter aller Unübersichtlichkeit ihre Leitmotive, Spannungsbögen und Konstanten."
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland / Brot für die Welt / Evang. Entwicklungsdienst (Hg.) (2009), Zukunftsfähiges Deutschland in einer globalisierten Welt, Schriftenreihe Band 755, Bonn.
Klappentext: "Die Vielzahl der angesprochenen Themen und Probleme zeigt, dass es nicht genügt, hier und da ein paar Stellschrauben zu verändern. Viele Entwicklungen sind miteinander verzahnt und lassen sich nur in Verbindung mit der Neuausrichtung anderer Prozesse korrigieren: Arbeitsmarkt und Umweltschutz, Klimawandel und Ökonomie, Teilhabe und Migration, Demografie und Ressourcenpolitik. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Handlungsfelder braucht die Verständigung über Richtung und Ziel künftiger Politik eine breite gesellschaftliche Basis. Unstrittig dürfte die Erkenntnis sein, dass im Interesse von Mensch und Natur ein Kurswechsel überfällig ist. Die Herausgeber möchten mit der Studie daher auch einen Anstoß für eine breite gesellschaftlichen Diskussion geben."

16. Juni 2012

Online-Lehrbuch zum Thema Nachhaltigkeit

Das Jahrzehnt von 2005 bis 2014 wurde von den Vereinten Nationen zur Dekade "Bildung für nachhaltige Entwicklung" ausgerufen. Einen frühen deutschen Beitrag zu dieser Dekade bildete das kostenlos nutzbare Online-Lehrbuch Nachhaltigkeit, das in verschiedene Sprachen übersetzt wurde. Es gliedert sich in fünf Abschnitte:

1) Was heißt Nachhaltigkeit?
2) Wie handle ich nachhaltig?
3) Wie funktioniert eine Lokale Agenda 21?
4) Wie kann man das Klima schützen?
5) Welche Probleme gibt es auf dem Weg zur nachhaltigen Entwicklung?

Der folgende Auszug stammt aus dem 5. Kapitel, das versucht, grundlegende Hindernisse aufzuzeigen, die den Weg hin zu einer nachhaltigen Entwicklung behindern. So spricht beispielsweise einiges dafür, dass Nachhaltigkeit und unsere vorherrschende Art zu Wirtschaften hinsichtlich der Ziele und Leitbilder inkompatibel sind. In seinem berühmten Weltbestseller "Die Kunst des Liebens" aus dem Jahr 1956 diagnostiziert der Psychoanalytiker und Sozialpsychologe Erich Fromm:
"Der moderne Kapitalismus braucht Menschen, die in großer Zahl reibungslos funktionieren, die immer mehr konsumieren wollen (...). Er braucht Menschen, die sich frei und unabhängig vorkommen und meinen, für sie gebe es keine Autorität, keine Prinzipien und kein Gewissen - und die trotzdem bereit sind, sich kommandieren zu lassen, zu tun, was man von ihnen erwartet, und sich reibungslos in die Gesellschaftsmaschinerie einzufügen (...). Was kommt dabei heraus? Der moderne Mensch ist sich selbst, seinen Mitmenschen und der Natur entfremdet (...)". Er "überwindet ... seine unbewusste Verzweiflung durch die Routine des Vergnügens (...), außerdem durch die Befriedigung, ständig neue Dinge zu kaufen und diese bald wieder gegen andere auszuwechseln (...). Unser Charakter ist darauf eingestellt, zu tauschen und Dinge in Empfang zu nehmen, zu handeln und zu konsumieren. Alles und jedes - geistige wie materielle Dinge - wird zu Objekten des Tausches und des Konsums." [aus: Erich Fromm, Die Kunst des Liebens, München 2000, S. 100-102]
Mit Blick auf die Wende hin zu einer nachhaltigen Entwicklung stimmt diese Analyse nachdenklich. In der Tat basiert unser wirtschaftliches Denken nach wie vor auf dem "Schneller, höher, weiter, mehr", auf dem Vertrauen darauf, dass sich die Probleme mit mehr Wachstum lösen lassen. Demgegenüber finden neue Wohlstandsmodelle wie das "Langsamer, weniger, besser, schöner" kaum Gehör (siehe "Die Vision vom solaren Zeitalter").

Bewusstseinswandel: Vom mechanistischen Weltbild ...

Erforderlich sei, so der berühmte Physiker und Vordenker einer ganzheitlichen Weltsicht, Fritjof Capra, ein grundlegender Wandel der Weltbilder und Wertvorstellungen. Dieser Wandel habe zwar begonnen, konnte sich aber noch nicht durchsetzen. Im Bereich der Wissenschaft wurde er ausgelöst von den bahnbrechenden Entdeckungen in der Physik Anfang des 20. Jahrhunderts. Im gesellschaftlichen Bereich sieht er eine Vorreiterrolle der weltweiten Ökologie- und Frauenbewegung.

Das Hauptproblem auf dem Weg zur nachhaltigen Entwicklung besteht nach Capra darin, dass wir an einem überholten Weltbild festhalten, an einem mechanistischen Bild des Lebens, das auf der Physik Newtons basiert. Dieses überholte Paradigma charakterisiert er in seinem einflussreichen Buch "The Turning Point" (1982) folgendermaßen:
"Das Weltbild oder Paradigma, das jetzt langsam zurücktritt, hat unsere Kultur mehrere hundert Jahre lang beherrscht und hat während dieser Zeit die ganze Welt wesentlich beeinflusst. Es enthält eine Anzahl von Ideen und Wertvorstellungen: darunter die Auffassung, das Universum sei ein mechanisches System, das aus materiellen Grundbausteinen besteht; das Bild des menschlichen Körpers als einer Maschine; die Vorstellung des Lebens in der Gesellschaft als eines ständigen Konkurrenzkampfes um die Existenz; den Glauben an unbegrenzten materiellen Fortschritt durch wirtschaftliches und technisches Wachstum; und - nicht zuletzt! - den Glauben, dass eine Gesellschaft, in der das Weibliche überall dem Männlichen untergeordnet ist, einem grundlegenden Naturgesetz folgt. Alle diese Annahmen haben sich während der letzten Jahrzehnte als sehr begrenzt erwiesen und bedürfen einer radikalen Neuformulierung." [aus: Fritjof Capra, Wendezeit. Bausteine für ein neues Weltbild, Vorwort zur deutschen Taschenbuchausgabe, München 1991, S. IX]
... zum ganzheitlichen Weltbild

Diese Neuformulierung folgt einem neuen Paradigma, einer ganzheitlichen oder ökologischen Weltsicht. Capra verwendet auch den Begriff "systemisches Denken":
"In der Naturwissenschaft bietet nämlich die in den letzten Jahrzehnten entwickelte Theorie lebender Systeme den idealen wissenschaftlichen Rahmen zur Formulierung des neuen ökologischen Denkens (...). Lebende Systeme sind integrierte Ganzheiten, deren Eigenschaften sich nicht auf die kleineren Einheiten reduzieren lassen. Statt auf Grundbausteine konzentriert sich die Systemtheorie auf grundlegende Organisationsprinzipien. Beispiele für Systeme gibt es in der Natur in Hülle und Fülle. Jeder Organismus - von der kleinsten Bakterie über den weiten Bereich der Pflanzen und Tiere bis hin zum Menschen - ist ein integriertes Ganzes und somit ein lebendes System. Dieselben Ganzheitsaspekte zeigen sich auch in sozialen Systemen, zum Beispiel in einer Familie oder einer Gemeinschaft, und ebenso in Ökosystemen, die aus einer Vielzahl von Organismen in ständiger Wechselwirkung mit lebloser Materie bestehen." [aus: Fritjof Capra, Wendezeit. Bausteine für ein neues Weltbild, Vorwort zur deutschen Taschenbuchausgabe, München 1991, S. X]
Zentral für die systemische Sicht ist die Erkenntnis, dass das Ganze immer etwas anderes ist als die bloße Summe seiner Teile. In dieser Sicht sind nur diejenigen Maßnahmen akzeptabel, die auch langfristig tragfähig sind, die also die lebenden Systemen nicht schädigen. Insofern bildet dieses neue ökologische Paradigma eine ideale Grundlage für eine nachhaltige Entwicklung. Umrisse des daraus folgenden Wertewandels zeigt das folgende Schaubild.